SUSIES erkundet Hamburg –
mit der "Beifuß-Frau" im Jenischpark

 

SUSIES Local Food auf Entdeckungstour in der eigenen Stadt: Mit "Beifußfrau" Daniela Wolff erkunden wir Hamburgs grüne Seele

Ein grauer Herbsttag an der Elbe. Hinter dem Jenisch-Haus versammelt sich eine Gruppe von Menschen in Regenjacken. Rund ein Dutzend kommen zusammen, um sich an diesem ungemütlichen Tag von Daniela Wolff durch die Wälder und Büsche des Parks führen zu lassen. Uns verblüfft, dass sich bei solchem Wetter so viele dafür interessieren. Aber Daniela überrascht es nicht. Im Sommer, sagt sie, kämen manchmal mehr als 40 Leute zu ihren Touren ins Unterholz. Und so vermittelt uns das Interesse an diesem Spaziergang durch die Pflanzenwelt des Jenischparks einen Hinweis darauf, wie sehr Regionalität nicht bloß ein Essens-Trend ist, sondern ein tiefgreifender Wandel in der Haltung.

Das eigene Universum

Und los geht es. Nach nur wenigen Schritten bleiben wir stehen vor einer Eibe, in der ein Holunder-Bäumchen wächst. Holunder sei gut bei Erkältung, man koche die Beeren aus, dann vermittelt einem der daraus gewonnene Tee Wärme. Man dürfe die schwarzen Früchte aber nicht roh essen, das löst eine Art Brech-Durchfall aus. Das ist charakteristisch für den Holunder, es kann einem dreckig gehen mit ihm, aber er kann einem Wohlgefühl bereiten. In diesem Fall zeige sich noch eine andere Fähigkeit der Pflanze, dass sie als Begleiter tauge. Die Eibe ist unheilbar krank. Man sehe das an ihren Blättern und an einigen Ästen. Der Holunder begleitet die kranke Eibe. "Wenn ich mal an der Schwelle stehe", sagt Daniela jetzt, "hoffe ich auch auf die Wärme des Holunders. Für mich ist das gut. Jeder hat sein eigenes Universum."

 
SUSIES LOCAL FOOD HAMBURG – das Netzwerk für regionales Essen verbindet die besten Adressen.

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Jeder hat sein eigenes Universum..., das ist ein Satz, der in uns noch lange nachschwingt. Danielas Universum wurde geprägt in ihrer Jugend. Als 14-jährige litt sie unter chronischen Blasenentzündungen, auch zu Nierenentzündungen kam es immer wieder.  Fast sieben Jahre lang versuchten Ärzte und Krankenhäuser das Mädchen mit Medikamenten zu heilen. Vergeblich. Und dann entdeckte sie die Wirkung von Schafgarbe und Brennnessel, Frauenmantel und Goldrute. Daniela heilte sich mit Hilfe der Natur. Seit ihrem 21. Lebensjahr besucht die junge Frau so ziemlich jedes Heilpflanzen-Seminar, das ihr interessant und wichtig schien. "Seit 1998 bin ich mit Leib und Seele Kräuterfrau."

Die Buchen-Kathedrale

Wir bleiben vor einer Eiche stehen. 300 bis 500 Jahre alt wird die wohl sein. Eichen stehen häufig allein, sie halten vielen Unwettern stand und gelten auch deshalb als charakterstark. Es sei wohltuend, sich bei so einem Baum aufzuhalten. Wir erreichen den Buchenhain bei der Knüppelbrücke. Die geradewegs himmelwärts strebenden Bäume machen einen Wald licht und hoch. "Wie eine Kathedrale", sagt die Kräuterfrau. Weiter unten am Wegesrand, in einer Senke, durch die die Flottbek fließt, stehen einige Erlen. Die breit wachsenden, immergrünen, aber doch düster wirkenden Bäume lieben sumpfiges Terrain. Jetzt fordert uns Daniela auf, die Augen zu schließen. Und sie liest Goethes Ballade "Erlkönig" vor.

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"Kräuter haben mich bei vielen Entscheidungen unterstützt."

 

Für einen Moment stehen wir still. "Siehst Vater, du den Erlkönig nicht?" Zwei Spaziergänger gehen an uns vorbei. Ihre Schritte knistern im Sand. "Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt." Die Kraft der Dichtung, Danielas ruhige norddeutsche Stimme und unsere Bereitschaft, uns darauf einzulassen, geben diesem eigentlich ganz und gar öffentlichen Ort eine sehr persönliche Magie. Die hält noch für einen Moment an, bis die Beifußfrau ihre Interpretation dieser Ballade darlegt. Sie schildert eindrücklich die düstere Kraft der im Moor wachsenden Erlen, für sie ist der "Erlkönig" vor allem ein Paradestück naturmagischer Dichtung. 

Gefühle der Vergänglichkeit

Nachdem wir uns durch manches Gestrüpp gezwängt haben, versammeln wir uns im Innern eines so genannten Eiben-Doms. Wie eine Kuppel ist der Baum gewachsen. Ruhe umfängt uns. Ein typischer Friedhofsbaum sei die Eibe. Und zudem einer, der einen leicht ins Jenseits befördere: Zwar schmecken die roten Beeren süß, ihre Kerne aber seien giftig. Und doch verbinden die Beifußfrau vor allem schöne Erinnerungen mit dieser Pflanze. "Die Eibe ist ein Meditationsbaum. Sie strahlt viel Ruhe aus, vermittelt einem auch ein Gefühl der Vergänglichkeit, dass man sich nicht so wichtig nehmen soll. Ich habe viele Entscheidungen für mein Leben unter einer Eibe getroffen."  

Schließlich bedankt sich die Beifußfrau bei uns, indem sie eine Tüte mit Mandeln herum reicht und Flyer mit ihren nächsten Terminen. Sie würde sich freuen, uns wieder zu sehen. Wir gehen durch den Park runter an die Elbe, wo unsere Fahrräder stehen. Es war ein sehr eindrücklicher Spaziergang, wir haben in kurzer Zeit viel gelernt über die Pflanzen in diesem schönen Stück Hamburg. Eindrücklich war es aber auch, die Beifußfrau kennen gelernt zu haben. Und ein Gefühl dafür zu bekommen, wie sehr ein Mensch in sich ruht, wenn er mit der Region verwurzelt ist.

 

Kräuterwanderungen mit der Beifußfrau

Danielas Touren beginnen im Jenischpark oder im Botanischen Garten. Daniela bietet auch eine ganzjährige Ausbildung zur tieferen Einsicht in die Kräuter- und Pflanzenkunde an.

Alle Termine findet Ihr auf Ihrer Website: 

www.beifussfrau.de

 
 

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