SUSIES UND DIE QUALITÄT: Was ist eine gute Werbekampagne?

Nur eine, über die man spricht? In der PR-Branche diskutiert man zur Zeit die neue Lidl-Kampagne. Ausgerechnet der Discounter, über den es heißt, er drücke die Preise seiner Lieferanten in fast unmoralischer Weise, der Geflügelfleisch schon ab 2,59 Euro pro Kilogramm anbietet und "frisches Brot" als Tiefkühl-Teiglinge geliefert bekommt, die im Backautomaten fertig gegart werden, ausgerechnet Lidl hat eine Kampagne gestartet mit dem Slogan: "Woran erkennt man Qualität?"

Slow Food Deutschland kritisiert die Kampagne als fadenscheinig und wirft Lidl vor, mit einem Qualitätsversprechen zu argumentieren, das der Discounter gar nicht einhalte. Und zudem dazu beizutragen, dass die Produzenten wahrer Qualität – nämlich das Handwerk – weitere Einbußen erleiden: Wenn etwa in der Kampagne gefragt wird, woran man gute Kaffee erkenne und die Antwort lautet: "an sorgfältig ausgewählten und schonend gerösteten Kaffeebohnen. Und nicht daran, dass die Bohnen einzeln vor Einem abgewogen werden." Gutes Fleisch erkenne man "am guten Geschmack. Und nicht daran, dass es jemand über die Theke reicht."

In solchen Formulierungen zeigt sich, wie leicht durchschaubar diese Kampagne eigentlich ist. Es geht nur darum, den Kauf abgepackter Waren zu sanktionieren. Quasi als trotziger Gegentrend zur neuen Lust an guten Lebensmitteln, die einen echten Absender haben. 

Dazu wurde eine Website gelauncht, die in gefühliger PR-Sprache und mit großformatigen Agentur-Fotos erklärt, was guter Kaffee sein soll. Doch wird da nur unterschieden zwischen Arabica und Robusta. Dass Kaffee aber auch eine Herkunft hat, Bohnen auf diese oder jene Weise geröstet werden können, und es viele Varianten gibt, das Pulver zuzubereiten, das erfährt man bei Lidl nicht. Die Qualitäts-Beschreibungen sind zumindest eins: oberflächlich.

Slow Food Deutschland geht noch weiter und sagt die „neue Kampagne von Lidl ist eine Diskriminierung guter, ehrlicher und sauberer Handwerksbetriebe". Die Kampagne "streut den Kunden Sand in die Augen. Und sie vernebelt den Qualitätsbegriff“, so Ursula Hudson, die Vorsitzende von Slow Food Deutschland. Qualität, so Hudson, habe auch mit den inneren Werten eines Produkts zu tun. Qualität erfordere eine faire Bezahlung aller Beteiligten und anspruchsvolle Sozial- und Umwelt-Standards.

Hudson greift den Slogan auf, indem es heißt, eigentlich wissen wir doch, was gut für uns ist. Sie sagt: "Lidl und seine Dumpingpreise sind jedenfalls alles andere als gut für uns." Und sie fragt: "Woran erkennt man eigentlich gutes Fleisch und gutes Brot? Vielleicht einfach daran, dass es nicht von Lidl kommt?" 

Woran erkennt man eine gute Werbung? Nur daran, dass man darüber redet? Geht es überhaupt nicht mehr Werte? Oder gar um etwas so spießiges wie Glaubwürdigkeit? Wir haben den Eindruck, die Lidl-Kampagne geht nach hinten los... Und wir danken Slow Food Deutschland für die klare Stellungnahme.

https://www.slowfood.de/aktuelles/2015/statement_lidl/